Alexander Friedhoff

Fachanwalt für Verkehrsrecht und Verwaltungsrecht

Amtsärztliche Untersuchung

Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Anordnung, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen ist deshalb wichtig, weil fehlerhafte Feststellungen des Amts- oder Polizeiarztes dazu führen können, dass gegenüber dem Beamten einschneidende Maßnahmen getroffen werden, wie die Zwangspensionierung oder die Erteilung einer Weisung, sich einer bestimmten ärztlichen Maßnahme, z.B. einer stationären psychischen Behandlung, zu unterziehen.

Auch wenn grundsätzlich den amts- oder polizeiärztlichen Feststellungen Vorrang vor privatärztlichen Stellungnahmen einzuräumen ist, gilt dies nicht, wenn der Privatarzt gewichtige Gründe gegen die Richtigkeit der Feststellungen des Amts- oder Polizeiarztes vorbringt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt dabei weder die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung noch die Aufforderung, eine Schweigepflichtentbindungserklärung vorzulegen, einen Verwaltungsakt dar (Urteil vom 26. April 2012 – BVerwG 2 C 17.10 ). Dies hat grundsätzlich aber nur zur Folge, dass statt einer Anfechtungsklage eine allgemeine Leistungsklage erhoben werden muss.

Nach der gesetzlichen Regelung ist die Behörde zu einer Untersuchungsaufforderung berechtigt, wenn Zweifel über die Dienstunfähigkeit des Beamten bestehen. Aufgrund hinreichend gewichtiger tatsächlicher Umstände muss zweifelhaft sein, ob der Beamte wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die Dienstpflichten seines abstrakt-funktionellen Amtes zu erfüllen.

Dies ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig. Der Aufforderung müssen tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, die die Dienstunfähigkeit des Beamten als nahe liegend erscheinen lassen. Die Feststellung, die für die Anordnung sprechenden Gründe „seien nicht aus der Luft gegriffen“, reicht für die Rechtmäßigkeit der Aufforderung nicht aus.

Die Behörde muss die tatsächlichen Umstände, auf die sie die Zweifel an der Dienstfähigkeit stützt, in der Aufforderung angeben. Der Beamte muss anhand dieser Begründung die Auffassung der Behörde nachvollziehen und prüfen können, ob die angeführten Gründe tragfähig sind (Urteil vom 23. Oktober 1980 – BVerwG 2 A 4.78- Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 14 S. 6). Er muss erkennen können, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Aufforderung herangezogen wird. Die Behörde darf insbesondere nicht nach der Überlegung vorgehen, der Adressat werde schon wissen, „worum es geht“.

Eine unzureichende Begründung kann nicht durch das Nachschieben weiterer Gründe geheilt werden. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt der Anordnung tatsächliche Umstände vorlagen, die den Schluss auf Zweifel eine Dienstfähigkeit gerechtfertigt hätten. Erkennt die Behörde die Begründungsmängel der ersten Aufforderung zur Untersuchung, kann sie eine neue Aufforderung mit verbesserter Begründung erlassen.

Ferner muss die Anordnung Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Arzt überlassen. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Beamte einer fachpsychiatrischen Untersuchung unterziehen soll. Erhebungen des Psychiaters zum Lebenslauf des Beamten, wie etwa Kindheit, Ausbildung, besondere Krankheiten, und zum konkreten Verhalten auf dem Dienstposten stehen dem Bereich privater Lebensgestaltung noch näher als die rein medizinischen Feststellungen, die bei der angeordneten Untersuchung zu erheben sind. Deshalb sind die mit einer solchen Untersuchung verbundenen Eingriffe in das Recht des Beamten aus Art. 2 Abs. 2 GG wie auch in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht regelmäßig weitgehend (BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1993 a.a.O. S. 82 ff.; BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 17).

Nur wenn in der Aufforderung selbst Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar sind, kann der Betroffene auch nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Dementsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind.

Fehlzeiten können dabei grundsätzlich Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten im Sinne begründen. Dies muss aber schlüssig dargelegt werden. Denn Fehlzeiten können auch auf Erkrankungen zurückzuführen sein, die die Dienstfähigkeit eines Beamten tatsächlich nicht dauerhaft berühren. Sollten Zweifel an der Belastbarkeit der privatärztlichen Bescheinigungen über die Dienstunfähigkeit eines Beamten bestehen, so kommt es in Betracht, diesem aufzuerlegen, künftig zum Nachweis der Dienstunfähigkeit ein amtsärztliches Attest ab dem ersten Werktag vorzulegen (Beschluss vom 23. Februar 2006 –BverwG 2 A 12.04- Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 29).

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