Alexander Friedhoff

Fachanwalt für Verkehrsrecht und Verwaltungsrecht

Fahrverbot

Fahrverbote sind das für die Betroffenen wohl empfindlichste Übel in Bußgeldsachen. Vor allem, wer beruflich auf seinen Führerschein angewiesen ist, wird von einem Fahrverbot, das von einem bis zu drei Monaten dauern kann, empfindlich getroffen.

Die Verteidigungsaussichten gegen die Verhängung eines Fahrverbotes sind vor allem bei Ersttätern gut.

1. Prüfung der Rechtmäßigkeit des Bußgeldbescheids

Es sollte vor einer Einlassung zur Sache zunächst Akteneinsicht genommen werden. Anhand der Bußgeldakte ist dann zunächst die Rechtmäßigkeit des (zu erwartenden) Bußgeldbescheides zu prüfen und zwar insbesondere dahingehend, ob Verfahrensfehler und Messfehler vorliegen, Verfolgungsverjährung (kurze Verjährungsfrist: 3 Monate) eingetreten ist, ein eindeutiges Identifizierungsbild vorliegt, u.v.m.. Gegebenenfalls kann der Tatvorwurf insgesamt beseitigt werden, dann entfallen sowohl Fahrverbot als auch Geldbuße.

2. Voraussetzungen eines Fahrverbotes (grobe oder beharrliche Pflichtverletzung)

Sodann ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 25 Absatz 1 StVO vorliegen. Es muss sich um eine grobe oder beharrliche Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers handeln. Es existieren sogenannte Regelfahrverbote. Der Gesetzgeber geht bei bestimmten Verstößen davon aus, dass diese eine grobe Verletzung von Verkehrspflichten darstellen. Das ist zum Beispiel bei folgenden (nicht abschließend aufgezählten) Verstößen der Fall:

– Ab einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 41 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften.

– Ab einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 31 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften.

– Bei zweimaliger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mehr als 25 km/h innerhalb eines Jahres.

– Bei einem Rotlichtverstoß, wenn die Ampel bereits länger als eine Sekunde Rot angezeigt hatte.

– Bei der Teilnahme an illegalen Kraftfahrzeugrennen.

Daneben kommt ein Fahrverbot vor allem bei wiederholten Verstößen wegen Beharrlichkeit – also Voreintragungen im Verkehrszentralregister – in Betracht.

Wird ein Fahrverbot wegen Beharrlichkeit – also wiederholten Verstößen gegen die Verkehrsordnung – verhängt, geht es nicht zuletzt darum, das Verfahren zu verzögern, so dass im Zeitpunkt der Entscheidung über die Sache die Voreintragungen – im besten Fall alle Voreintragungen – bereits getilgt oder in die Überliegefrist gewandert sind. Außerdem gibt es keine feste Grenze, ab welcher Anzahl von Verstößen mit welchem Gewicht bereits Beharrlichkeit im Sinne des § 25 StVG vorliegt. Die Rechtsprechung verfährt in diesen Fällen uneinheitlich, wobei die Tendenz dahingeht, etwa ab dem dritten wesensgleichen Verstoß Beharrlichkeit anzunehmen. Eine Kenntnis der einschlägigen Urteile ist unverzichtbar.

3. Atypische Verstöße

Liegt ein solches Regelfahrverbot vor, ist zu prüfen, ob nicht ein atypischer Verstoß gegeben ist, der im konkreten Einzelfall gegen eine grobe Pflichtverletzung spricht. Das ist zum Beispiel beim sogenannten Augenblicksversagen der Fall.

Beispiel: Der Gesetzgeber geht bei Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 41 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften davon aus, dass eine grobe Pflichtverletzung gegeben ist, die mit einem Fahrverbot von einem Monat zu ahnden ist. Bei einem ortsunkundigen Betroffenen, der ein einmal aufgestelltes Schild aufgrund besonderer Ablenkung übersehen hat, kann wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles dennoch eine grobe Pflichtverletzung entfallen. Hierzu ist vom Betroffenen selbstverständlich entsprechend vorzutragen. Im Falle eines Augenblicksversagens darf die Geldbuße nicht gegen Wegfall des Fahrverbotes erhöht werden, da es bereits am Tatbestand, nämlich einer groben Pflichtverletzung, für die Verhängung eines Fahrverbotes fehlt.

4. Absehen vom Fahrverbot (Härteklausel)

Schließlich muss auch geprüft werden, ob das Fahrverbot im Einzelfall nicht zu einer Existenzgefährdung (z.B. : Verlust des Arbeitsplatzes) führen kann (sog. Härteklausel). Liegt für den Betroffenen eine unzumutbare Härte vor, kann die Behörde ausnahmsweise von der Verhängung des Fahrverbotes gegen Erhöhung der Geldbuße absehen. Hierzu und zum Augenblicksversagen muss umfassend vorgetragen werden. Entsprechende Belege sind beizufügen.

Tendenziell lässt sich jedenfalls sagen, dass die Anforderungen an die Härteklausel immer restriktiver gehandhabt werden. Insbesondere bei kurzfristigen Fahrverboten und Fahrverboten mit Schonfrist wird regelmäßig darauf verwiesen, der Betroffene könne sich ja seinen Jahresurlaub nehmen oder eben das Fahrverbot in den Urlaubszeitraum verlegen. Ist der Betroffene “Besserverdiener”, wird er häufig darauf verwiesen, er könne ja einen Fahrer anstellen und Ähnliches.

Wichtig ist in jedem Fall, dass erschöpfender und nachweisbarer Vortrag erfolgt, warum die Verhängung des Fahrverbotes eine unzumutbare Härte darstellt. Dabei ist natürlich Kenntnis von der einschlägigen Rechtsprechung von Vorteil. Es existieren hierzu zahlreiche Urteile.

5. Beschränkung des Fahrverbots auf bestimmte Arten von Fahrzeugen

Fahrverbote lassen sich auf bestimmte Fahrzeugarten und -typen beschränken. Maßgeblich hierfür ist das Fahrerlaubnisrecht, also die Fahrerlaubnisklassen. Diese Beschränkung ist vor allem für Berufskraftfahrer von Bedeutung. Eine Beschränkung auf bestimmte Fahrzeugmarken (z.B. : Audi A 3) ist natürlich nicht möglich. Leider ist auch keine zeitliche Beschränkung (z.B. von 18:00 Uhr bis 6:00 Uhr) möglich. Auch eine zeitliche „Splittung“ des Fahrverbotes (z.B. : zwei Wochen im Februar, weitere zwei Wochen im Mai, .. .) ist nicht möglich.

6. Verschieben des Fahrverbotes

Es liegt auf der Hand, dass es auch Fälle gibt, in denen am Fahrverbot kein Weg vorbeiführt. Dann sollte mit dem Mandanten besprochen werden, wann der Antritt des Fahrverbotes für ihn am günstigsten ist (in der Regel in der Urlaubszeit).

Ein Fahrverbot zu verschieben, z.B. in die Urlaubszeit, ist meist unproblematisch möglich. Handelt es sich bei dem Betroffenen um einen Ersttäter, so kommt er ohnehin in den Genuss der viermonatigen Schonfrist. Im Übrigen lässt sich durch zulässiges Verteidigerhandeln die Rechtskraft des Bußgeldbescheides ohne Weiteres um mehrere Monate verschieben.

Wichtig ist natürlich, dass innerhalb der Zwei – Wochen – Frist Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt wird.

Wenn also ausnahmsweise „gar nichts geht“, geht immer noch eine Verschiebung des Fahrverbotes.

7. Fazit

Fahrverbote sind abwendbar. Es lohnt sich durchaus, sich Rechtsbeistand zu suchen. Ich rate allerdings davon ab, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Wer sich „auf eigene Faust“ bei der Bußgeldstelle meldet und dort völlig unsubstantiiert vorträgt, er verliere seinen Arbeitsplatz, wenn er das Fahrverbot antreten müsse, kommt nicht weit und hat im Zweifel gleich noch seine Fahrereigenschaft und seine Schuld eingeräumt.

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